Sven Lübke

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Haus kaufen ohne Eigenkapital

VERÖFFENTLICHT AM September 3, 2018
VON SVEN

Viele Menschen stellen sich die Frage, ob man eine Immobilie ohne Eigenkapital erwerben kann.

Die Antwort darauf ist grundsätzlich sehr einfach: JA

Allerdings sollten einige Dinge beachtet und verstanden werden, damit es beim Gespräch mit den Banken keine Enttäuschung gibt. Denn eine Bank bewertet eine Immobilie nach den hauseigenen Bewertungsvorschriften, auf die ich kurz eingehen möchte.

Als Erstes gibt es den Marktwert, häufig auch als Verkehrswert bezeichnet. Dies ist der marktgängige Wert und daher bei einem Hauskauf der entsprechende Kaufpreis, da dieser aktuell am Markt bezahlt wird (nach dieser Logik kann man bei einem Hauskauf auch kein Schnäppchen machen, da ja gerade der am Markt übliche Preis gezahlt wird).

Aber wo genau liegt jetzt das Risiko für den Kunden und für die Bank? Dies möchte ich anhand eines Beispiels erläutern.

Wenn ich ein Haus für TEUR 300 kaufe, dann entspricht dieser Kaufpreis dem Marktwert.

Allerdings kommen weitere Kosten dazu, die auf keinen Fall vergessen werden dürfen. Diese Kosten sind:

1. Die Grunderwerbersteuer, deren Höhe abhängig ist vom jeweiligen Bundesland. In NRW beträgt diese Steuer aktuell 6,5 % bezogen auf den Kaufpreis. Bei einem Kaufpreis von TEUR 300 sind dies ca. 19.500,00 Euro.

2. Grundbuch- und Notarkosten, die in der Regel 2 % der Kaufpreis ausmachen; hier auch 6.000,00 Euro

3. Da die meisten Immobilien über einen Makler ge- und verkauft werden, fällt auch eine Maklercourtage an, wobei die Spanne von 3-6 % zzgl. 19 % Mehrwertsteuer beträgt. Gehen wir hier von den üblichen 3,57 % inkl. Mehrwertsteuer aus, sind dies weitere 10.710,00 Euro.

Diese Gebühren fallen zusätzlich zum Kaufpreis an und erhöhen selbstverständlich den Wert der Immobilie nicht.

Insgesamt müssen in unserem Beispiel auch 336.210,00 Euro für ein Haus aufgewandt werden, was lediglich 300.000,00 Euro kostet.

Und jetzt kommen die Banken ins Spiel und berechnen den für sie maßgeblichen Beleihungswert, der in der Regel 10-20 % unter dem Marktwert liegt. Sofern der Abschlag 10 % beträgt, liegt der Beleihungswert bei einem Kaufpreis von 300.000,00 Euro folglich bei 270.000,00 Euro.

Und wenn nun kein Eigenkapital vorhanden ist, möchte ich mir als Kunde für eine Immobilie, die von der Bank mit 270.000,00 Euro bewertet wird, insgesamt 336.210,00 Euro leihen.

Wieso sollte eine Bank das tun? Dieses Risiko eingehen und über 60.000,00 Euro mehr verleihen, als das Haus aus Ihrer Sicht Wert ist?

Die Antwort ist ganz einfach: weil die Banken auf einer Menge Geld sitzen, für das sie bei der EZB Strafzinsen zahlen und es daher auch trotz eines für sie hohen Risikos verleihen.

Und wo genau liegt dann das Risiko für mich als Kunden?

Die Banken verleihen aktuell zwar gerne das Geld, aber selbstverständlich lässt sich jede Bank das Risiko in jeder einzelnen Finanzierung bezahlen!

Was heißt das genau?

Jeder höher der Beleihungsauslauf, auch das Verhältnis von Kreditwunsch zu Beleihungswert, desto größer ist das Risiko aus Sicht der Bank.

In unserem Beispiel liegt der Beleihungsauslauf bei 124,5 %, das heißt die Bank ist gebeten, 24,5 % mehr zu verleihen als die Immobilie aus Sicht der Bank Wert ist.

Und sollte ein Kredit einmal notleidend werden und eine Bank die Immobilie versteigern müssen, wird der Verlust für die Bank umso größer, je höher der Beleihungsauslauf ist.

Und eben dieses Risiko preist eine Bank in den Zinssatz mit ein.

D. h. wenn ich als Kunde kein Eigenkapital einbringe, zahle ich dafür einen teils deutlich höheren Zinssatz, um die Bank für das eingegangene Risiko zu entschädigen.

Dies ist vom Grundsatz her absolut fair, aber: kann ich mir diesen hohen Zinssatz überhaupt leisten? Zumal ich bislang kein Geld zur Seite gelegt habe bzw. legen konnte, denn sonst hätte ich ja Eigenkapital…

Ein aktuelles Beispiel bei 2 % Tilgung und einer Zinsfestschreibung von 10 Jahren macht dies deutlich:

1. Der Gesamtkaufpreis von 336.210,00 Euro wird finanziert

Der nominale Zinssatz liegt bei 3,73 %, die monatliche Rate beträgt 1605,40 Euro

2. Ich habe 50.000,00 Euro Eigenkapital und muss nur noch 286.210,00 Euro finanzieren

Der nominale Zinssatz liegt bei nur noch 2,27 % und die monatliche Rate beträgt noch 1018,43 Euro.

3. Wenn ich 70.000,00 Euro Eigenkapital einsetze, brauche ich nur noch 266.210,00 Euro von der Bank leihen und daher weniger, als mein Haus aus Sicht der Bank wert ist.

Dadurch sinkt der nominale Zinssatz auf 1,71 %  und die monatliche Rate sinkt auf 823,03 Euro. Das ist schnell die Hälfte der Belastung, die ich ohne Eigenkapital zahlen muss.

Und außerdem ist ein Punkt extrem wichtig: Wie hoch ist die Restschuld nach Ablauf der ersten 10 Jahre, für die ich dann mit der Bank einen neuen Zinssatz verhandeln muss?

Selbstverständlich umso höher, je weniger Eigenkapital ich eingesetzt habe!

Und damit steigt mein Risiko, bei einem dann deutlich höheren Zinsniveau eine stark gestiegene monatliche Rate nicht oder nur noch schwer bezahlen zu können.

Fazit: eine Immobilie ohne Eigenkapital zu kaufen birgt ein hohes Risiko für Bank und Kunde und muss gut durchdacht sein. Ein hoher monatlicher Haushaltsüberschuss sollte auf jeden Fall vorhanden sein!

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